© AdobeStock_Ievgen Chabanov Es passiert in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz, auf Partys und vor allem auch zu Hause.
Gewalt an Mädchen und Frauen hat viele Gesichter und geschieht an den unterschiedlichsten Orten. Ob seelische, körperliche, sexuelle Gewalt oder gesellschaftliche Diskriminierung - nach wie vor herrscht zu diesem Thema häufig Sprachlosigkeit in der Gesellschaft, da die Gewalt in den Alltag integriert und meist nicht offen sichtbar ist. Gerade bei der Gewalt im sozialen Nahraum ist die Melde-und Anzeigebereitschaft vergleichsweise gering, so dass von einem erheblichen Dunkelfeld nicht bekannter Devianz auszugehen ist.
Doch jeder Mensch hat das Recht darauf, gewaltfrei zu leben. Gewalt schränkt die Betroffenen in ihrer Entfaltung und Lebensgestaltung ein. Frauen sind in besonderem Maße von spezifischen Gewaltformen betroffen.
© Heinrich SchepersDie Wanderausstellung „Was ich anhatte…“ macht Erfahrungen von Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, anonym öffentlich. Insgesamt zwölf Kleidungsstücke machen auf eindringliche Weise deutlich, dass sexualisierte Gewalt kein individuelles, sondern ein strukturelles und leider auch alltägliches Problem ist - unabhängig von Kleidung, Aussehen oder Verhalten.
Gemeinsam mit dem Arbeitskreis „Häusliche Gewalt“ des Kommunalen Präventionsrates der Stadt Meppen, dem unter anderem die Polizei, der Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF), Männer gegen Männergewalt und der Kinderschutzbund angehören, präsentiert Gleichstellungsbeauftragte Elisabeth Mecklenburg vom 7. bis 20. November die Wanderausstellung „Was ich anhatte...“ von Beatrix Wilmes. Die Exponate sind in den Fenstern des Ratssaales und des Cafés International in der Kirchstraße sowie im Eingangsbereich des Krankenhauses Ludmillenstift zu sehen. Dabei handelt es sich größtenteils um die originalen oder originalgetreu nachgekauften Kleidungsstücke.
„Die Schaufenster-Ausstellung richtet sich gegen den Mythos von der Schuld der Opfer bei sexualisierter Gewalt“, betonte Dezernent und Vorsitzender des Kommunalen Präventionsrates Matthias Wahmes im Rahmen der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung. Dabei richtete er seinen Dank an die SPD-Stadtratsfraktion, die seinerzeit beantragt hatte, diese Ausstellung in unserer Stadt stattfinden zu lassen. Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz erläuterten die beteiligten Institutionen ihre Arbeit und Erfahrungen – darunter auch Uta Pfahl, Oberärztin am Ludmillenstift Meppen, die das Netzwerk Pro Beweis, das durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gefördert wird, vorstellte.
Das Krankenhaus Ludmillenstift gehörte seinerzeit zu einer der ersten Untersuchungsstellen dieses Netzwerkes in Niedersachsen. Menschen, die Opfer häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt geworden sind, haben hier die Möglichkeit einer gerichtsverwertbaren Dokumentation und Spurensicherung für mindestens drei Jahre – unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei. Vielen Betroffenen falle es sehr schwer, nach erlebter Gewalt sofort zu entscheiden, ob sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten wollen, erläuterte Uta Pfahl. Für ein mögliches späteres Gerichtsverfahren sei es jedoch wichtig, zeitnah nach der Gewalterfahrung Befunde und Spuren fachkundig zu dokumentieren und zu sichern.
Dass häusliche Gewalt im Allgemeinen „keine Privatsache“ mehr sei, ergänzte Hartmut Bruns vom Polizeikommissariat Meppen. Spätestens durch das 2002 beschlossene Opferschutzgesetz habe es einen Paradigmenwechsel gegeben. Andrea Kötter, SPD-Fraktionsvorsitzende, betonte abschließend noch einmal die Bedeutung der Ausstellung. Viele Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, würden sich die Schuld geben. Zumindest dieser Teil der unvorstellbaren psychischen Verletzungen, die ihnen angetan wurden, könne ihnen damit genommen werden.
Die häusliche Gewalt ist häufig ein Komplex aus sexualisierten, körperlichen und psychischen Gewalthandlungen, die ineinander greifen. Jede vierte in Deutschland lebende Frau hat häusliche Gewalt erfahren. Die Hälfte der Frauen, die seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben, haben diese durch den (Ex-) Partner erfahren.
Im Jahr 2018 wurden von Frauen über 114.000 Fälle von Gewalt durch ihre Partner oder Ex-Partner bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Im Jahr 2018 wurden 122 Frauen von ihrem (Ex)Partner getötet.
Die Gleichstellungsbeauftragte hat schon 2001 den "Arbeitskreis Häusliche Gewalt“ ins Leben gerufen, für den sie seitdem als Sprecherin fungiert. In diesem Gremium des Kommunalen Präventionsrates der Stadt Meppen arbeiten Expertinnen und Experten aus Meppen mit ihr zusammen, um dem öffentlichen Schweigen zu dieser Thematik entgegen zu wirken.
Die folgenden Einrichtungen sind Mitglied im "Arbeitskreis Häusliche Gewalt":
Unter den folgenden Links finden Sie weitere Informationen zum Thema "Gewalt gegen Frauen":
Die Broschüre zeigt den Opfern von häuslicher Gewalt Anlaufstellen für Beratung und Unterstützung vor Ort auf, gibt aber auch Hinweise auf rein telefonische Beratung und auch für Täter, die ihr gewalttätiges Verhalten aufgeben wollen, sind Kontaktstellen aufgezeigt.
Hier finden Sie Broschüre "Mit mir nicht (mehr)!".
Im Jahr 2010 organisierte der Arbeitskreis erstmals gemeinsam mit der Marienhausschule Meppen eine zweitägige Fachtagung, die das Ziel hat, Erzieherinnen und Erziehern im letzten Ausbildungsjahr zur Thematik zu informieren, sie zu sensibilisieren, ihnen aber auch ein gewisses Rüstzeug im Umgang mit dem Thema in ihrem späteren Berufsalltag an die Hand zu geben. Seitdem findet diese Fachtagung, die Vorträge, Fachforen, Workshops und auch eine Podiumsdiskussion beinhaltet, jährlich im November, anlässlich des internationalen Aktionstages „NEIN zu Gewalt an Frauen“ von Terre des Femmes, statt.
Hier finden Sie einige Impressionen.
Am 25. November wird alljährlich auf die Thematik „Gewalt gegen Frauen“ im Rahmen dieses Internationalen Aktionstages hingewiesen. Der Arbeitskreis wendet sich rund um dieses Datum auf verschiedenste Art an die Öffentlichkeit, um diese zu motivieren, sich mit dem Thema zu befassen, hinzuschauen und Opfern in geeigneter Weise zu helfen. Betroffene dagegen werden gebeten, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen.
Hier finden Sie einige Beispiele:
Im Jahr 2011 wurde die Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)veröffentlicht. Diese bestärkte den Arbeitskreis seit 2017 darin, sich mit diesem Thema vertiefend auseinanderzusetzen, da die Ergebnisse verdeutlichen, dass Frauen mit Behinderungen mehr als doppelt so häufig von Häuslicher Gewalt betroffen sind. Die Arbeit in diesem Themenfeld findet insbesondere mit Akteurinnen und Akteuren der Behindertenhilfe statt. In Zusammenarbeit mit dem St.-Vitus-Werk hat der Arbeitskreis Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen aus verschiedenen Bereichen der Einrichtung informiert, aber auch Mitarbeiter aus dem Team der Hauptamtlichen wurden zum Thema geschult.
Häusliche Gewalt geschieht überall, unabhängig von Alter, Bildung, Beruf, Kultur oder auch Religion. Der Arbeitskreis hat es sich zur Aufgabe gemacht, gerade auch Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, die Sprache nicht gut beherrschen und auch das unserer Gesellschaft zugrundeliegende Hilfesystem nicht kennen, über die gesetzlichen Rahmenbedingungen aufzuklären, aber auch die Beratungs- und Hilfsangebote zu erläutern. Seit 2014 informiert der Arbeitskreis mit einen eigens dafür entwickelten Konzept Menschen mit Migrationshintergrund auf verschiedene Weise, regelmäßig in den Integrationskursen der VHS in Meppen.
© Dennis HarwardtDiese Projektidee vom Frauen-Notruf Münster, die der Arbeitskreis seit 2020 in Meppen in Kooperation mit einigen Wirten, vorwiegend aus dem sogenannten Meppener Bermuda-Dreieck, umgesetzt hat, soll Frauen, die im Meppener Nachtleben unterwegs sind, niederschwellige und diskrete Hilfe bieten. Durch Plakate, Handzettel, Spiegel – und Türaufkleber in Kneipen, Diskotheken und Schulen, aber auch durch die sozialen Medien und die Zeitung werden Frauen über das Projekt informiert. Sie finden Hilfe beim Personal in den beteiligten Kneipen und Diskotheken, wenn sie bedrängt, belästigt oder gar bedroht werden. Dabei wirkt die Frage „Ist Luisa hier?“ auf einen Unwissenden völlig harmlos, signalisiert dem geschulten Mitarbeiter jedoch, dass diese Frau Hilfe braucht. Ohne selbst Fragen nach dem Geschehen zu stellen, führt der Mitarbeiter die Hilfesuchende in einen vorher definierten ruhigen Raum abseits von Tanzfläche oder Schankraum und hört sich an, wie er ihr helfen kann: ein Taxi rufen, eine Freundin von der Tanzfläche oder die Jacke von der Garderobe holen. Auf Wunsch begleitet er die Frau auch nach draußen.
Den gesamten Bericht über die Einführung des Projektes in Meppen finden Sie hier.
Weitere Informationen finden Sie unter www.luisa-ist-hier.de.
Vor Ort finden Betroffene, aber auch andere Ratsuchende, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die zur Thematik informieren oder auch konkreten Schutz bieten.
Die nachfolgenden Punkte bieten eine Übersicht über die Beratungsangebote hier in Meppen.
Das Frauen- und Kinderschutzhaus in der Stadt Meppen bietet Schutz, Rat und Hilfe für Frauen und ihre Kinder bei körperlicher und seelischer Gewalt und Misshandlung (Drohungen, Schläge, Ein- und Aussperren oder andere Formen der Gewalt). Der Aufenthalt dient der Verarbeitung der Gewalt und der Suche nach einem gewaltfreien Leben. Angebote für die Kinder finden in enger Zusammenarbeit mit den Müttern, zur Stabilisierung der Mutter-Kind-Beziehung, statt. Das Frauen- und Kinderschutzhaus ist Tag und Nacht - auch an Wochenenden und Feiertagen - erreichbar. Die Kontaktaufnahme geschieht telefonisch unter 05931/7737. Trägerin des Hauses ist der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF).
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Homepage des SkF unter www.skf-meppen.de.
Die Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt (BISS) bietet Opfern von häuslicher Gewalt Gespräche und Unterstützung an. Die Beraterin erarbeitet mit den Ratsuchenden eine Sicherheitsplanung, entwickelt eine Strategie für die Zukunft, informiert über zivilrechtliche Schutzmaßnahmen, unterstützt bei gerichtlichen Anträgen, hilft bei Behördenkontakten und unterstützt bei Problemen mit den Kindern.
Trägerin der BISS ist der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), Nagelshof 21b, 49716 Meppen, Tel.: 05931 – 98410, E-Mail: info@skf-meppen.de.
Weitere Informationen zur BISS finden Sie unter www.skf-meppen.de.
Vielen Betroffenen fällt es sehr schwer, nach erlebter Gewalt sofort zu entscheiden, ob sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten wollen. Für ein mögliches späteres Gerichtsverfahren ist es jedoch wichtig, zeitnah nach der Gewalterfahrung Befunde und Spuren fachkundig zu dokumentieren und zu sichern. Das Netzwerk ProBeweis bietet Hilfe und Unterstützung bei häuslicher und / oder sexueller Gewalt. Dabei werden die Beweise unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei dokumentiert. Das sichert die Möglichkeit, auch später noch gegen den Verursacher oder die Verursacherin vorzugehen.
So können Sie vorgehen:
1. Option: Anzeige bei der Polizei
Sie wenden sich direkt an eine Polizeidienststelle in Ihrer Nähe. Hier werden alle notwendigen Schritte eingeleitet und Sie werden gegebenenfalls in eine Klinik begleitet.
2. Option: Vertrauliche Spurensicherung – losgelöst von einer Anzeige
Sie wenden sich direkt an eine der Untersuchungsstellen. Die speziell geschulten Ärztinnen und Ärzte sorgen dafür, dass alle relevanten Befunde sachkundig und gerichtsverwertbar dokumentiert werden. Was mit den Spuren anschließend passiert, entscheiden nur Sie. Die Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht.
In Meppen befindet sich die Untersuchungsstelle im Krankenhaus Ludmillenstift, Gynäkologie, Chirurgische Ambulanz, Ludmillenstraße 4–6, Tel.: 05931 152-3840 (Gynäkologie).
Weitere Informationen unter www.probeweis.de.
An die Beratungsstelle des Deutschen Kinderschutzbundes in Meppen können sich Menschen mit unterschiedlichsten Fragen und Problemen und Sorgen wenden, die Kinder und Jugendliche betreffen. Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Allgemeinen steht hier im Zentrum der Arbeit. Kinder und Jugendliche sollen stark gemacht, ihre Fähigkeiten gefördert werden. Sie sollen ernst genommen werden und ihre Stimme soll gehört werden. Dies gilt auch ganz besonders für Kinder und Jugendliche, die sexuellen Missbrauch erleiden müssen bzw. mussten. Beratungen und Therapie sind für Ratsuchende kostenlos.
Mehr Informationen finden Sie auf der Internetseite des Kinderschutzbundes unter www.kinderschutzbund-emsland-mitte.de.
Neben den verschiedenen Beratungs- und Hilfsangeboten in Meppen gibt es Angebote, auf die Betroffene aus dem ganzen Land Rat beim Thema Gewalt gegen Frauen finden können. Als wichtigstes Angebot ist hier zu nennen:
Hilfe-Telefon „Gewalt gegen Frauen“
Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Telefonnummer 08000 116 016 und via Online-Beratung werden Betroffene aller Nationalitäten, mit und ohne Behinderung, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr unterstützt. Auch Angehörige, Freundinnen und Freunde sowie Fachkräfte werden hier anonym und kostenfrei beraten.
Nähere Informationen finden Sie unter www.hilfetelefon.de.
Hier finden Täter, die gegen Frauen (und Kinder) gewalttätig sind, Rat und Hilfe:
Die Täterberatungsstelle Häusliche Gewalt beim SKM Lingen bietet gewalttätigen Männern die Möglichkeit, ihrer Verantwortung durch eine Erweiterung ihrer sozialen Kompetenzen aktiv gerecht zu werden. Das Angebot der Täterberatungsstelle richtet sich an Männer, die in partnerschaftlichen Beziehungen Gewalt ausüben. Dabei wird sowohl mit denen, die sich selbst melden, als auch mit von der Justiz (z.B. Staatsanwaltschaft, AJSD) zugewiesenen Männern gearbeitet.
Hier finden Sie weitere Informationen über Täterberatungsstelle Häusliche Gewalt beim SKM Lingen.
Hier finden Männer, die Gewalt gegen ihre Partnerin oder/und Kinder ausüben, Ansprechpartner. In der Einzelberatung lernen die Männer Strategien, ihr gewalttätiges Verhalten zu verändern, ihre Konflikte konstruktiv zu bewältigen, einen Weg aus dem Kreislauf der Gewalt zu finden. In Trainingskursen für männliche Jugendliche und Heranwachsende in festen Gruppen von zehn Personen erlernen Täter unter Anleitung zweier Gewaltberater, wie sie ohne gewalttätig zu sein, ihr Leben meistern können.
Nähere Informationen zur Arbeit des MGM Euregio e.V. finden Sie hier.
Mit der von der WEISSER RING Stiftung entwickelten APP zur direkten und schnellen Dokumentation von Stalkinghandlungen (Fotos, Videos, WhatsApp, Sprachnachrichten, SMS) auf dem Smartphone werden Betroffene darin unterstützt, juristisch erfolgreich gegen Stalker vorgehen zu können. Die APP besteht neben dem Dokumentationsmodul auch aus einem Informationsmodul sowie einem Notfallbutton und einer Helpline.
Alle Informationen zur Veröffentlichung der App finden Sie auf der Internetseite der Weissen Ring Stiftung.